Pflichtaufgabe Sport für die Kommunen?

Fünf Landtagskandidaten des Wahlkreises 47 beteiligen sich am sportpolitischen Dialog des Sportkreises Groß-Gerau. Einigkeit herrscht beim Thema Förderung von Schwimmunterricht.

9. September 2023 – 03:00 Uhr

Wulf-Ingo Gilbert


KREIS GROSS-GERAU. Nein, das Staatsziel Sport soll hinsichtlich seiner Finanzierung nicht zur Pflichtaufgabe für die Kommunen werden. Ja, genau das muss es werden, um dies sicherzustellen. Geteilter Auffassung waren die Kandidaten der im hessischen Landtag vertretenen Parteien aus dem Wahlkreis 47 (Groß-Gerau I) beim sportpolitischen Dialog des Sportkreises Groß-Gerau im Landratsamt gleich bei der Eingangsfrage von Moderator Jörg Monzheimer.

Im Vorfeld der auf den 8. Oktober terminierten hessischen Landtagswahl ging es für die Kandidaten Sabine Bächle-Schulz (CDU, 58, Bischofsheim), Lars Nitschke (Grüne, 26, Nauheim), Kerstin Geis (SPD, 59, Bischofsheim), Johanna von Trotha (FDP, 37, Ginsheim-Gustavsburg) und Hanna Mohr (Linke, 33, Ginsheim-Gustavsburg) aber auch um weitere Fragen: Wie steht es um die Sportstättenförderung gerade auch mit Blick auf den so wichtigen Schwimmunterricht? Gibt es Möglichkeiten, die Vereine immer mehr belastende Bürokratie abzubauen? Und was ist mit der „Weltmeisterwelle“ am Treburer Steindamm? Aber zunächst zum Staatsziel Sport.

Der Verfassungsrang gebe dem Sport eine besondere Bedeutung, stellte Sabine Bächle-Schulz fest, woraus sich für die Kommunen schon eine Verpflichtung ergebe. Deshalb glaube sie nicht, dass es erforderlich sei, den Sport in den Kommunen zur Pflichtaufgabe zu machen. Eine Auffassung, der Lars Nitschke zustimmte. Häufig liege es nicht so sehr am Geld als an den kommunalpolitischen Akteuren, wenn es hier nicht vorangehe.

Eine „diametral andere Haltung“ nahm Kerstin Geis ein, die die Freiwilligkeit angesichts dessen, was passiere, als kritisch bezeichnete. Allein schon aus Gründen der Planungssicherheit müsse man die Sportförderung zur Pflichtaufgabe machen und die Kommunen dafür finanziell ausstatten. Johanna von Trotha sprach sich zudem dafür aus, diese Pflichtaufgabe in der Hessischen Gemeindeordnung zu verankern und die Finanzierung über Schlüsselzuweisungen sicherzustellen. „Freiwilligkeit ist unzureichend“ angesichts der Bedeutung des Sports beispielsweise für Inklusion, Demokratiebildung und Ehrenamt, stellte auch Hanna Mohr fest. „Unzureichend“ lautet das Urteil von Mohr auch bei der Sportstättenförderung. Sie plädierte für mehr Langfristigkeit auch mit Blick auf den Klimaschutz sowie für eine Verschlankung der Vergabeverfahren für Fördermittel und Bauaufträge.

Johanna von Trotha sprach sich dafür aus, die Kommunen so auszustatten, dass sie ihre Verpflichtungen erfüllen können. Dabei stellte sie fest, dass die FDP kein großer Freund von Förderprogrammen sei, die vor allem die Bürokratie beschäftigen. Für interdisziplinäres Denken bei der Sportstättenförderung auch mit Blick auf Umweltauflagen, votierte Kerstin Geis. Sie begrüßte, dass der Landessportbund (LBS) hierzu eine Beratungsstelle aufbaut und sprach sich für einen Ausbau der Förderung aus.

Deutlich machte hingegen Lars Nitschke, dass das Land Hessen dabei sei, die Sportstättenförderung sukzessive auszubauen. Er räumte allerdings ein, dass in den zurückliegenden Jahrzehnten hier zu viel eingespart worden sei.

Im Doppelhaushalt 2023/24 sei so viel Geld wie noch nie für die Sportstättenförderung bereitgestellt worden, erklärte Sabine Bächle-Scholz. Sie plädierte dafür, zu klären, wie Vereine (auch benachbarter Kommunen) Sportstätte gemeinsam nutzen könnten Sportlotsen sollten eingesetzt werden, um bei Förderanträgen zu helfen.

„Schwimmen können heißt überleben können“ – hinter diesem von Sabine Bächle-Schulz geprägten Satz vereinigten sich die Kandidaten unisono hinsichtlich der Fortsetzung des Schwimmprogramms zur Förderung der Kommunen bei Erhalt und Ausbau der noch im Kreis vorhandenen Schwimmbäder. Wobei Kerstin Geis bei diesem, ihrem „Herzensthema“ Unterstützung von Vereinen wie die DLRG, die Kindern schwimmen beibrächten, stärker in den Fokus gerückt sehen wollte, zumal der Schulsport es nicht leisten könne, dass Kinder sicher schwimmen könnten.

Kein wirkliches Rezept vermochten die fünf Kandidaten hinsichtlich des von allen für erforderlich gehaltenen Bürokratieabbaus anzubieten. Mehr Beratungsangebote und Unterstützung durch die Kommunen (Mohr), eine Stärkung des LBS in dieser Hinsicht und mehr interkommunale Zusammenarbeit (Geis), die Ansiedlung einer Beratungsstelle beim Kreis (Bächle-Scholz, Nitschke) und mehr Dialog zwischen Vereinen und Kommunen statt einer weiteren Beratungsstelle (von Trotha) wurden geäußert.

Und zum Schluss die Treburer „Weltmeisterwelle“: Über den Erhalt dieser Naturwelle am Steindamm waren sich alle einig. Um Probleme zwischen Sport und Naturschutz auszuräumen, plädierte Kerstin Geis für einen runden Tisch. Sabine Bächle-Scholz sah in der Erziehung zum Sport in der Natur hier eine „Win-Win-Situation“, Lars Nitschke einen Mehrwert sowohl für Natur als auch Sport.